Die Liebe zu den Pflanzen

Loki Schmidt wäre in diesem Jahr am 3. März hundert Jahre alt geworden.

Sie ist als Großstadtkind in dem dicht bebauten Arbeiterstadtteil Hammerbrook aufgewachsen. Ihre Liebe zu den Pflanzen wurde durch Ausflüge ins Umland geweckt, aber auch durch die Besuche des mitten in der Stadt gelegenen Botanischen Gartens. Beides hat sie geprägt, und beiden Einflüssen ist sie später treu geblieben. Wildpflanzenbotanik und Gartenbotanik sind üblicherweise fein säuberlich getrennte Bereiche. Im Fachjargon spricht man da von „in situ“ und „ex situ“. Diese Trennung galt jedoch nicht für Loki Schmidt, ja es war geradezu ihr Markenzeichen, dass sie den Schutz der Wildpflanzen vor Ort und in den Botanischen Gärten stets im Zusammenhang gesehen hat.

Durch die Kraft ihrer Persönlichkeit und durch ihren Charme hat sie dem Naturschutz in Deutschland über mehr als dreißig Jahre auf unverwechselbare Art Gesicht und Stimme gegeben. Sie war nicht nur die bekannteste Naturschützerin Deutschlands - sie hat den Schutz gefährdeter Pflanzen überhaupt erst zu einem Thema gemacht hat, das öffentlich wahrgenommen wurde. Es ist kaum zu glauben, was sie alles angestoßen und bewegt hat, vor allem wenn man bedenkt, dass sie erst 1977 mit 57 Jahren begonnen hatte, sich für den Naturschutz einzusetzen.

Was wird von ihr bleiben? Es gibt heute die Loki Schmidt Stiftung in Hamburg, die den Schutz gefährdeter Pflanzen in Lokis Sinne engagiert weiter betreibt. Es gibt die Loki Schmidt Genbank in Osnabrück und das Loki Schmidt Gewächshaus in Rostock. Der traditionsreiche Hamburger Botanische Garten trägt heute ihren Namen ebenso wie das Loki Schmidt Haus in Hamburg, einem Museum für Nutzpflanzen, an dessen Entstehung sie maßgeblichen Anteil hatte. Das ist eindrucksvoll, bildet aber nur einen Teil ihres Lebenswerkes ab.

So hat sie 1981 zu einem Symposium „Einrichtung einer Samenbank für heimische Gewächse“ alle – wie man heute sagen würde – „stakeholder“ eingeladen, nicht nur Samenbankexperten, sondern auch die Organisatoren der Floristischen Kartierung Deutschlands und die Direktoren, Kustoden, Technischen Leiter und Gärtner der Botanischen Gärten. Noch nie zuvor hatte es eine so breite Basis zur Kommunikation über gefährdete Pflanzen gegeben. Als Wildpflanzenbotanikerin hat sie mit ihrer Stiftung Grundstücke für den Schutz wildlebender Pflanzen gekauft, die Aktion Blume des Jahres ins Leben gerufen, seltene Ackerwildkräuter geschützt und im Jahre 1988 die Herausgabe des Verbreitungsatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands ermöglicht. Als Gartenbotanikerin hat sie mit ihrem 1997 erschienenen Buch über die Botanischen Gärten Deutschlands einen Meilenstein gesetzt. Und sie hat 1987 den Internationalen Gärtneraustausch ins Leben gerufen.

Der Internationale Gärtneraustausch war eines ihrer Lieblingsprojekte, weil er auf ganz eigene Weise dazu beiträgt, die Kenntnisse über die Kultur seltener, bedrohter oder schwer kultivierbarer Pflanzen zu fördern und damit zu ihrer Erhaltung beizutragen. Weil Loki Schmidt sich den engagierten Gärtnerinnen und Gärtnern der botanischen Gärten besonders verbunden fühlte, hat sie alle Partnergärten selbst besucht.

Die ersten von Loki Schmidt angebahnten Partnerschaften zwischen dem Botanischen Garten Hamburg und den Gärten in Jerusalem, St. Petersburg und Mérida (Venezuela) sind auch heute sehr lebendig. Im Jahr 2017 war Juan Gaviria, der Gründungsdirektor des Gartens in Mérida, in Hamburg. Im gleichen Jahr haben die Hamburger Auszubildenden Klara Korb und Jana Henschel den Botanischen Garten in Jerusalem besucht. Und im April 2019 planen die Gärtnerinnen Anna Afanasyeva und Natalia Fedorova aus St. Petersburg nach Hamburg zu kommen. Dies sind schöne Beispiel dafür, wie lebendig der Gärtneraustausch und damit Loki Schmidt’s Wirken heute noch ist.

Loki Schmidt

Mit Trauer und in großer Verehrung haben wir im Jahr 2010 Abschied genommen von der Begründerin des Internationalen Gärtneraustausches zwischen Botanischen Gärten. Loki Schmidt hat sich jahrzehntelang dafür engagiert, dass junge Gärtner aus Botanischen Gärten ihre Pflanzenkenntnisse in den Ursprungsländern vertiefen können. Als Ehrenvorsitzende hat sie die Aktivitäten der Stiftung Internationaler Gärtneraustausch bis zu ihrem Lebensende mit fachlichem Rat und Freude begleitet. Mehr als 30 Botanische Gärten sind heute dank ihrer Initiative in einem weltweiten Netzwerk miteinander verbunden.

Wir werden alles daran setzen, die großartige Vision von Loki Schmidt in ihrem Sinne weiter mit Leben zu erfüllen.

Beirat und Vorstand der Stiftung Internationaler Gärtneraustausch

Loki Schmidt - Ihr Blick auf den Einzelnen für das Ganze
Als Loki Schmidt den Ehrenvorsitz unserer Stiftung übernahm, haben wir ihr gesagt, sie sei unser "Urmeter", an dem wir uns immer wieder messen lassen würden – denn der Gärtneraustausch ist ohne sie nicht zu denken! Wir möchten uns für die Tatkraft bedanken, mit der sie den ganzen Gärtneraustausch auf den Weg brachte. In der Anfangszeit des Gärtneraustausches hat Loki sich um vieles selbst gekümmert: Sie hat die Kontakte hergestellt und das Geld für den Austausch verdient oder erbeten. Sie ist selbst viel mit vor Ort gewesen und hat auf ihren Reisen die Kontakte zu Botanischen Gärten in der Welt ausgebaut. Sie hat immer wieder nachgefragt und auch gerne Erbsensuppe für die Gäste gekocht.

Die Idee ist so gut, dass sich mittlerweile viele Botanische Gärten mit ihren Partnergärten in Übersee austauschen und ihre Gärtner nach Chile oder nach Lesotho schicken. Der Gärtneraustausch ist heute eine Stiftung und für viele schon fast eine Selbstverständlichkeit. Da ist es wichtig sich zu erinnern, mit welchem Interesse und mit welcher Begeisterung und Anteilnahme Loki jeden einzelnen Gärtner willkommen hieß. Denn ohne all die Einzelnen, die sich für die Besonderheiten der Pflanzenwelt begeistern und diese mit besten Kräften schützen und erhalten wollen, könnten auch Projekte wie der Gärtneraustausch nicht bestehen. Das wusste unsere Ehrenvorsitzende immer sehr gut und das schätzten wir so sehr an ihr.